• mit Kindern auf Tour

    Die Hotelolympiade

    Die Kinder erklären die erste Hotelzimmerolympiade für eröffnet. Zu den Disziplinen gehören Bettvorlegerweitrutschen, Bettgestellkunstturnen, Fensterbankhochsprung, Unterdembettextremrobbing und Dauerduschen. Zum Glück sind durch das Beherbergungsverbot nicht alle Zimmer belegt. Die Disziplinen sind alles andere als geräuscharm. Aber es regnet in Strömen und sie müssen sich die lange Autofahrt aus den Gliedern zappeln. Schließlich entdeckt der Fünfjährige eine Schafherde auf dem Hang unterhalb des Hotels und verbringt den restlichen Aufenthalt auf der Fensterbank. Eine weiße Ziege hat es ihm besonders angetan, er kommentiert jeden ihrer Schritte:„Jetzt läuft sie quer über die Wiese. Jetzt stellt sie sich auf die Hinterbeine und frisst Blätter. Die kann bestimmt auch auf Bäume klettern, wie die Ziegen…

  • Corona-Chronik,  Kinder

    Unser Reichtum

    „Kinder, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für euch“, sagte ich gestern beim Abendessen. Ich hatte einen riesigen Topf Nudeln gekocht, wir brauchten alle etwas Nervennahrung. Zwei kleine Gabeln blieben erwartungsvoll in der Luft hängen, vier blitzblaue Augen schauten mich an.„Die gute Nachricht ist: Papa und ich gehen den ganzen November nicht auf Tour und haben viel Zeit für euch“, sagte ich. Mäßiger Jubel am Tisch. Ich hatte mir fest vorgenommen, die Kinder nichts von unseren Sorgen über diesen erneuten Lockdown spüren zu lassen. Meine Eröffnung fand ich schonmal ziemlich gelungen.„Und was ist die schlechte Nachricht?“, fragt die Siebenjährige.„Sag: Ihr müsst eure sündhaft teuren Steiff-Tiere zurück geben, weil…

  • Kinder,  Winter

    Wehret dem Nikolaus!

    Am Nikolausabend wollte der Fünfjährige nur bewaffnet ins Bett gehen. Ihm sind alte Männer grundsätzlich suspekt. Wenn sie dann auch noch nachts mit einer Rute und einem Sack durchs Haus schleichen, macht das die Sache nicht besser.„Mama, wo ist mein Faustkeil?“, fragt der Fünfjährige und sieht sich im Zimmer um. Den hat er in einem Steinzeitpark selbst aus Feuerstein gehauen, er ist angemessen scharf und eignet sich gut für den Nahkampf. Die Siebenjährige sitzt milde lächelnd im unteren Doppelstockbett. Für solche Albernheiten ist sie natürlich zu alt. Sie möchte lieber eine ernsthafte Unterredung mit mir führen.„Hat eigentlich schonmal jemand die Süßigkeiten vom Nikolaus in einem Labor untersucht?“, fragt sie.„Warum?“, frage…

  • Herbst

    Der Unglücksglückstag

    Heute ist Freitag der 13. Ein absoluter Glückstag. Es sei denn, man ist zutiefst katholisch und nennt die 13 immer noch unheilvoll das „Teufelsdutzend“. Ich halte es mit dem alten Glauben, wonach die 13 heilig und eine Glückszahl ist. Die Frühkulturen maßen die Zeit mit den Zyklen des Mondes, ein Mondjahr bestand aus 13 Vollmonden. Auch im Judentum ist die 13 eine Glückszahl. Der Aberglaube von Freitag, den 13. geht vermutlich auf das neue Testament zurück. Beim Abendmahl war Judas Ischariot der 13. Gast und Jesus starb an einem Freitag am Kreuz, et voilà, Freitag, der 13. Dabei sind Freitage ja eigentlich ganz wunderbare Tage, sie leiten das Wochenende ein…

  • Paar

    Die Sache mit der Zahnpasta

    Ich habe diese Sache mit der Zahnpasta nie verstanden. Es soll ja Paare geben, die sich deswegen getrennt haben. Weil die Frau die Tube nie gemäß der Tubenentleerungsordnung entleerte. Oder der Mann immer vergaß, hinterher den Deckel auf die Zahnpasta zu schrauben, wodurch die oberen Zahnpastazentimeter verklebten und der Frau als vertrocknete Wurst auf ihrer Bürste landeten. Was die Frau als Analogie auf ihr verkümmertes Sexleben verstand und die Scheidung einreichte. Worte wie „nie“ und „immer“ sind ja grundsätzlich der Anfang vom Ende. Weil man sich von seinem Partner so wenig gesehen und respektiert fühlt, dass all die unerfüllten Bedürfnisse gebündelt auf eine arglose Zahnpasta losgelassen werden. Bisher konnte ich…

  • Corona-Chronik,  Mamaaa!!!

    Klare Sicht

    Die Siebenjährige ist bei unseren Nachbarn gegen die Wintergarten-Tür gelaufen. Die Scheibe der Tür war so gut geputzt, dass sie diese nicht als solche erkannt hat.Unsere Scheiben sehen einfach nie so aus. Selbst wenn ich zweimal im Jahr Fenster putze, patscht der Fünfjährige sofort mit seinen Schmierfingern dagegen, weil er im Garten eine Kröte gesehen hat oder den Eichelhäher oder einfach nur, weil es Spaß macht mit Schmierfingern gegen die Scheibe zu patschen. Dafür ist bei uns auch noch nie ein Vogel gegen die Scheibe geknallt. Ich tue ja alles für den Artenschutz. Vielleicht sollte man mal so schwarze Scheibenaufkleber mit dem Umriss kleiner Mädchen erfinden. Dann läuft unsere Tochter…

  • Mamaaa!!!

    Wer ist hier zuständig?

    „Nein!!!“, die Siebenjährige schreit verzweifelt auf. Aber es ist zu spät, der Fünfjährige hat schon das hinter der Heizung versteckte Bild hervorgezogen.„Das ist doch mein Geschenk für Mama“, sagt sie mit erstickter Stimme und ich schlage mir schnell die Hände vors Gesicht.„Ich habe gar nichts gesehen“, beteuere ich.„Doch, hast du wohl“, schluchzt sie und vergräbt sich unter ihrer Bettdecke.„Das konnte ich doch nicht wissen“, sagt der Fünfjährige bestürzt.All meine Tröstungsversuche scheitern.„Mama, jetzt hast du gar keine Überraschung mehr“, erklingt es traurig und dumpf unter der Decke, „dabei machst du uns immer so schöne Geschenke.“„Und jedes Jahr an Weihnachten seid ihr mein größtes Geschenk“, sage ich. „Aber über das Bild werde…

  • Gesellschaft,  Kinder

    Nur ein Geschenk pro Kind

    „SPECHTI!“ Der Fünfjährige steht weinend im Garten. Er hat seinen Playmobil-Specht verloren. „Spechti!“ Wieder und wieder ruft er und lauscht auf eine Antwort, die nicht kommt. Natürlich hatte ich vorher gesagt: „Nimm ihn nicht mit raus, der geht verloren.“ Und wie immer hatte er geantwortet: „Ich pass schon auf.“ Jetzt muss die ganze Familie unseren wilden Garten nach einem daumennagelgroßen Plastikspecht durchsuchen, an dem ein fünfjähriges Herz hängt. Ich glaube, kleinteiliges Spielzeug wurde einzig und allein entwickelt, um Eltern mit ständigem Suchen zu beschäftigen, damit sie keinen klaren Gedanken fassen können, zum Beispiel, ob dieses ganze Kapitalismusding wirklich sein muss und Kinder zu ihrem fünften Geburtstag unbedingt 30 Geschenke brauchen,…

  • Kinder

    Der Schönhaitzsalong

    Die Siebenjährige hat einen „Schönhaitzsalong“ eröffnet. Um das Geschäft anzukurbeln, verteilt sie selbst gemalte Werbezettel im Haus. Darauf stehen jedoch weder Preise noch die angebotenen Leistungen. Lediglich: „Schönhaitzsalong! Bitte Portmorne mitbringen„. Dieses Zurückhalten von Information hätte mich skeptisch machen sollen. Ähnlich wie bei windigen Umzugsunternehmen, die ein Pauschalangebot machen und hinterher immer noch was drauf schlagen, weil sie ansonsten leider den riesigen Pax-Kleiderschrank auf der Straße stehen lassen müssen.Der Fünfjährige ist als Erster dran. Er muss allerdings ziemlich lange im Vorzimmer warten, weil das Salon-Schild noch nicht fertig ist. Schließlich klebt die Siebenjährige mit geschäftiger Miene einen Zettel an ihre Zimmertür: „SchönHaitzSalong Zum goldenen Schlüssel: Negel machen, Hare machen, Gesicht…

  • Mamaaa!!!

    Zeitraffer

    „Ich müsste dringend mal früher ins Bett, aber dann hätte ich gar keine Zeit mehr für mich.“Das ist seit Corona der häufigste Satz, den ich von Müttern höre. Was haben wir früher bloß mit der ganzen Zeit angefangen? Als die Kinder noch jeden Morgen das Haus verließen? Wisst ihr noch, wie schön dieses Gefühl war, von kleinen Armen zum Abschied umfasst zu werden, ein Kuss auf ihren duftenden Scheitel, nein, Mama, du musst mich nicht bis zur Bushaltestelle bringen, was sollen denn die anderen Kinder denken…Ich vermisse es, die Kinder zu vermissen.Zugegeben, ich vermisse es nicht, um 6:30 Uhr aufzustehen, Schulbrote zu schmieren und nachmittags als Mama-Kutsche diverse Freizeitaktivitäten anzusteuern.…