• Kinder

    Der Schönhaitzsalong

    Die Siebenjährige hat einen „Schönhaitzsalong“ eröffnet. Um das Geschäft anzukurbeln, verteilt sie selbst gemalte Werbezettel im Haus. Darauf stehen jedoch weder Preise noch die angebotenen Leistungen. Lediglich: „Schönhaitzsalong! Bitte Portmorne mitbringen„. Dieses Zurückhalten von Information hätte mich skeptisch machen sollen. Ähnlich wie bei windigen Umzugsunternehmen, die ein Pauschalangebot machen und hinterher immer noch was drauf schlagen, weil sie ansonsten leider den riesigen Pax-Kleiderschrank auf der Straße stehen lassen müssen.Der Fünfjährige ist als Erster dran. Er muss allerdings ziemlich lange im Vorzimmer warten, weil das Salon-Schild noch nicht fertig ist. Schließlich klebt die Siebenjährige mit geschäftiger Miene einen Zettel an ihre Zimmertür: „SchönHaitzSalong Zum goldenen Schlüssel: Negel machen, Hare machen, Gesicht…

  • Kinder

    Herztonmusik

    Ich höre am Schrei, dass der Fünfjährige sich ernsthaft verletzt hat. Es ist kein trotziges Brüllen, kein jämmerliches Klagen oder erschrockenes Weinen, es ist ein Schrei aus purem Schmerz. Sofort wird mir eiskalt und ich schalte in diesen entrückten Automaten-Modus, in dem man sich selbst erstaunt dabei zusieht, wie ruhig man alle wichtigen Handgriffe erledigt, während ein gut verpackter Teil tief in einem verzweifelt schreit und hyperventiliert. Ruhig stehe ich auf, atme tief durch und laufe zu meinem Kind. Der Fünfjährige liegt verdreht auf dem Rasen und wimmert immer wieder: Mama. Der Unterarmknochen ist seltsam verschoben, er ist eindeutig gebrochen. Als ich ihn vorsichtig berühre, schreit er vor Schmerz auf.…

  • Sommer,  Urlaub

    Das zerbrechliche Glück

    Im Schatten des knorrigen Kirschbaums liegen sieben Kinder und kichern. Die Großen kichern über ein TikTok-Video. Die Kleinen kichern, weil die Großen kichern. Das Haar hängt ihnen noch dunkel von Meerwasser in die Stirn, zwischendurch schieben sie sich ein Stück Stockbrot mit Grillkäse in den Mund oder verscheuchen träge eine der unzähligen Spätsommerwespen. Wir sitzen mit meiner Schwester, meinem Schwager und ein paar Freunden unter ihrer Laube in der Nähe von Kiel, der letzten Station unserer kleinen Sommerrundreise. Es ist eine dieser seltenen Konstellationen, bei der sich sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder miteinander rundum wohlfühlen. Zufrieden betrachten wir unsere zufriedenen Kinder. Sie liegen müde und satt und entspannt…

  • Sommer,  Urlaub

    Unser Sommer

    Und dann gab es diesen Moment, an dem Corona ganz weit weg war und sich alles leicht und unbeschwert anfühlte. Wir schlenderten mit den Kindern in der Abenddämmerung über die sonnenverbrannte Weide in Richtung Fluss. Nach der sengenden Hitze begann der Tag langsam auszuatmen. Die Sonne brannte nicht mehr und verabschiedete sich mit weich schmeichelndem Abendlicht. In der Ferne graste die Stute mit ihrem Fohlen, das sich vertrauensvoll auf den Rücken legte, sobald die Siebenjährige es streichelte. Neben den Kindern schlich die scheue Bauernhof-Katze einher. Sie hatten ihr unsere leeren Quark- und Joghurtbecher zum Ausschlecken vor die Tür gestellt, seitdem folgte sie ihnen auf Schritt und Tritt. Wir liefen über…

  • Kinder,  Nachhaltigkeit

    Die hohe Kunst der Benötigung

    Der Fünfjährige schiebt sich den dritten Apfelpfannkuchen in den Mund. Und schielt gleichzeitig nach den belegten Broten, die eigentlich für die Erwachsenen gedacht sind. Die Siebenjährige begräbt ihren Teller währenddessen unter einem Berg Zimtzucker. Die Erwachsenen sind mit Quatschen beschäftigt, also hält sie niemand davon ab. Zum Glück sind wir ein paar Tage bei Friedolins Großeltern zu Gast. Bei dem, was unsere Kinder gerade essen, hätten wir sonst längst einen Kredit aufnehmen müssen. Eigentlich wollten wir Tagesausflüge in Dithmarschen unternehmen. Aber wir kommen vor lauter Mahlzeiten nicht dazu.„Nordseeluft und Wellen machen Kinder hungrig, das sagen alle Legenden“, sagt die Siebenjährige mit erhobenem Zeigefinger und vollem Mund.„Trotzdem ist jetzt mal gut“,…