Sommer,  Urlaub

Unser Sommer

Und dann gab es diesen Moment, an dem Corona ganz weit weg war und sich alles leicht und unbeschwert anfühlte. Wir schlenderten mit den Kindern in der Abenddämmerung über die sonnenverbrannte Weide in Richtung Fluss. Nach der sengenden Hitze begann der Tag langsam auszuatmen. Die Sonne brannte nicht mehr und verabschiedete sich mit weich schmeichelndem Abendlicht. In der Ferne graste die Stute mit ihrem Fohlen, das sich vertrauensvoll auf den Rücken legte, sobald die Siebenjährige es streichelte. Neben den Kindern schlich die scheue Bauernhof-Katze einher. Sie hatten ihr unsere leeren Quark- und Joghurtbecher zum Ausschlecken vor die Tür gestellt, seitdem folgte sie ihnen auf Schritt und Tritt. Wir liefen über sandigen Boden im Schatten mächtiger Eichen, kletterten über verfallene Gatter und schlängelten uns zwischen Brennesseln hindurch, immer dem Rauschen des Flusses und dem Gesang der Grillen folgend. Als wir die Brücke am Wehr überquerten, blieb die Katze unschlüssig zurück. Wir legten unsere Kleidung auf dem Holzsteg am anderen Ufer ab und tauchten in das köstlich kalte, dunkle Wasser des Flusses. So kurz vor dem Wehr war die Strömung kaum spürbar. Über unseren Köpfen surrten Mückenschwärme, die Bäume spiegelten sich schwarz auf der nachtblauen Wasseroberfläche. Am anderen Ufer lief die Katze nervös auf und ab. Von Staub und Hitze und unzähligen Mückenstichen war nichts mehr zu spüren. Die Kinder tauchten und prusteten und quietschten, leuchtend blaue Augen in braun gebrannten Gesichtern.
Auf dem Rückweg war die Sonne längst hinter den großen Bäumen verschwunden, über uns ein paar tiefrote Wolken, vor uns die endlose Weite Brandenburgs. Hand in Hand kehrten wir zu dem verfallenen Gutshof zurück. Dabei machten wir einen großen Bogen um die Schafherde, deren Bock zum Zeitvertreib Kinder umschubste. Unsere Katze wartete schnurrend auf der verrosteten Hollywood-Schaukel.
Eigentlich hatten wir unsere Bauernhof-Tage absagen wollen. Schließlich wissen nicht, wie lange wir mit unseren Ersparnissen noch Corona aushalten müssen. Aber mein Vater kam uns zuvor und schenkte uns den Urlaub. Ich weiß nicht, wann wir als Familie das letzte Mal so frei und friedlich miteinander waren. Den letzten richtigen Urlaub hatten wir vor einem Jahr, zwei Wochen Dänemark mit Dauerregen, alle krank.
Es war auf dem alten Gut ein bisschen wie zu Hause: Sobald wir die Terrassentür unserer Ferienwohnung öffneten, kamen Hühner in die Küche. Ein Schäfchen nutzte unsere Wohnung gern als Durchgang vom verwilderten Guts-Park zum Hof. Wenn die Sterne heraus kamen, lag ich mit zwei verschwitzten Kindern im Arm im zerwühlten Bett, hörte unter dem Dach die Mäuse kratzen und schlief erfüllt und erschöpft ein. Danke, Papa.

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