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Armdrücken im Advent
Der 1. Advent steht vor der Tür. Das hat mich dieses Jahr irgendwie kalt erwischt. „Wie, das ist schon diesen Sonntag???“, frage ich mit Schnappatmung.Zum Glück ist die Neunjährige in der Nähe: „So, Mama, jetzt atmest du erstmal in diese Tüte hier.“ Zugegeben, der 1. Advent erwischt mich immer kalt, weil ich jeden November denke, dass ich noch reichlich Zeit habe, mich um einen Adventskranz, den Adventskalender der Kinder, den vorweihnachtlichen Hausputz und solche Dinge zu kümmern, weil Advent ja erst im Dezember ist. Friedolin ist natürlich mal wieder tiefenentspannt: „Wiebke, der Advent beginnt jedes Jahr am 4. Sonntag vor Weihnachten.“„…sagt der Typ, der Mathe Leistungskurs hatte“, grummele ich zurück.…
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Neues Licht
Wir baden in der gleißenden Wintersonne. Die von Raureif überzogenen Felder glitzern wie ein Meer aus Kristall. Die Kinder schlittern jubelnd über zugefrorene Pfützen und lauschen dem Knirschen ihrer Schritte auf dem vereisten Gras. Sie werfen Hände voll fein verharschten Schnees in die Luft und umhüllen sich mit dem funkelnden Niederschlag aus Eiskristallen. Nach den trüben Regentagen und der Dunkelheit des Winters fühlt sich das erstarkte Licht wie ein Segen an, der Körper und Seele mit neuer Kraft erfüllt. Im alten Glauben macht der Sonnenhirsch zu Lichtmess einen Sprung, die Tage ab Anfang Februar werden spürbar länger. Schon jetzt haben wir eine Stunde mehr Sonnenlicht als noch zur Wintersonnenwende. Das…
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Wintersonnenwende
Wintersonnenwende. Die Erde hält den Atem an. Tiefe Dunkelheit umhüllt uns vom Nachmittag bis weit in den Morgen hinein. In unserem Haus haben die Rauhnächte begonnen. Nach christlichem Brauch dauern sie vom 25. Dezember bis zum Dreikönigstag. Wir beginnen bereits mit der Thomasnacht am 20.12., dem Vorabend der Wintersonnenwende. Die Siebenjährige wanderte gestern Abend im Kerzenschein mit dem Räucherpfännchen durch unser Haus. Auf einem Stück Kohle verbrannten wir Beifuß, Wacholder, Fichtenharz und Johanniskraut, Boten des vergangenen Sommers. Der Fünfjährige fächerte mit seiner Schwanenfeder den Rauch in jede Ecke. Natürlich nicht ohne anzumerken, dass er auch bald groß genug sei, das Räucherpfännchen zu halten. Räuchern hilft, das Haus vom Ballast des…
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Durch das Windauge
Die Kinder können sich nicht entscheiden, ob sie ihre Wunschzettel an das Christkind oder den Weihnachtsmann schicken sollen. Himmelsthür, eines der irdischen Weihnachtspostämter, ist nicht weit von uns. Dorthin könnten wir die Wunschzettel per Post schicken und auf Antwort vom Weihnachtsmann hoffen. Aber die Kinder sind dagegen.„Der Brief kommt doch eh nicht vom echten Weihnachtsmann“, sagt die Siebenjährige abgeklärt. Sie unterscheiden streng zwischen menschlichen Helfern und den echten Weihnachtsgestalten.Als am Abend des 5. Dezember der Nikolaus bei uns klingelte und von seinem voll beladenen Karren Äpfel und Lollis an die Kinder verteilte, waren sie sich sicher: Das war nur ein menschlicher Helfer. Erstens trug er einen Mundschutz und zweitens waren…
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Barbaras Rute
„Mein Zweig blüht immer noch nicht!“, sagt der Fünfjährige und betrachtet ungehalten seinen Barbarazweig.„Die sollen ja auch erst an Weihnachten blühen, du Dulli“, sagt die Siebenjährige. „Mama, wie lange noch bis Weihnachten?“„24-20“, sage ich. Die Siebenjährige tut sich immer noch schwer mit Kopfrechnen, da muss ich jede Gelegenheit nutzen.„Also, wie lange noch?“, fragt der Fünfjährige.„Einen Tag weniger als gestern“, sagt die Siebenjährige und verlässt den Raum.In diesem Jahr haben wir uns mit der grünen Kraft von Birne, Pfirsich, Apfel und schwarzer Johannisbeere eine Vorahnung von Frühling ins warme Haus geholt. Die Kinder haben sich Zweige von ihren Taufbäumen geschnitten, Friedolin haben wir auch einen Zweig mitgebracht. Er hat es nicht…
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Adventmorgen
Im Advent hält jeder Morgen ein kleines Wunder bereit. Die Kinder sitzen meist schon hellwach und aufgeregt flüsternd in ihren Betten, wenn ich in tiefer Dunkelheit verschlafen in ihr Zimmer komme. Sie rätseln, welche Überraschung heute in ihren Adventskalendern auf sie wartet. Dann springen sie fröhlich aus den Betten und machen sich auf die Suche nach unserem frechen Weihnachtself. Den „Elf on the Shelf“ haben wir von unserer Nachbarin geschenkt bekommen. Er wandert jede Nacht durch unser Haus und stellt allerlei Unsinn an. Mal sitzt er am Morgen auf dem Nikolausteller der Kinder mit einer Salzbrezel in der Hand, mal ist er das Treppengeländer runter gerutscht und hat dabei einen…
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Fastenzeit
„Also, worauf wollen wir in den nächsten sieben Wochen verzichten?“, frage ich beim Mittagessen. Ich hatte den Kindern die Sache mit Jesus und der Wüste erklärt. Und dass es in der Fastenzeit nicht nur darum ginge, zu verzichten, was wir ja seit Monaten zur Genüge tun, sondern auch, falschen Versuchungen zu widerstehen, sich von alten Gewohnheiten zu befreien und Raum für neue Ideen zu schaffen.„Ich verzichte sieben Wochen…“, setzt Friedolin großspurig an, „…auf Schnee.“„Witzig“, sage ich.„Papa könnte sieben Wochen auf Fernsehen verzichten“, schlägt die Siebenjährige vor. Womit sie absolut Recht hat. Seit Corona verbringt Friedolin seinen Feierabend zu 90 % auf Netflix.„Abgemacht“, sage ich. „Sieben Wochen ohne Netflix.“„Wir haben gerade…
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Kufen und Eis
Sie gleitet durch den feinen Schnee. Die Kufen ihrer Schlittschuhe kratzen über das darunter verborgene Eis. Alles funkelt und glitzert und strahlt: die Sonne, der Schnee, das Eis, ihre Augen. Sie breitet die Arme aus und beschreibt einen weiten Bogen über den See, gleitet im Slalom unter den tief hängenden Zweigen der Trauerweide hindurch und kommt mit einer Drehung zum Stehen: „Ich hätte nie gedacht, dass Schlittschuhlaufen so viel Spaß macht!“, ruft die Siebenjährige und reckt glücklich ihre Arme in den Himmel. Unsere Kinder sind noch nie Schlittschuh gelaufen. Die vergangenen Winter waren zu warm und ich wollte sie als stolpernde Anfänger nicht in das Getümmel der Eissporthallen schicken. Was,…
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Fast-Nacht
Wir lassen uns den Spaß nicht verderben. So weit kommt es noch. Feiern wir halt allein zu Hause. Der Winter will ja auch während Corona vertrieben werden. Und zwar mit einem Löwen, einer Prinzessin und einem Popcorn-Dino. Unser Kontaktbeschränkung konformes Gastkind kam als Gentleman, was die Prinzessin haltlos kichern ließ und den Löwen mit seiner gentilen Art zum Glück besänftigte. Der hatte vorher nämlich so viel gefaucht und die Krallen gezeigt, dass wir kurz davor waren, ihn an einen Zoo zu verkaufen. Ich war natürlich mal wieder so damit beschäftigt gewesen, den Löwen zu schminken und der Prinzessin als Zofe zu dienen, dass ich ganz vergessen hatte, mir selbst ein…
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Heute werden wir Schlittenfahren. Oder Schlittschuhlaufen. Oder Schneehöhlen bauen. Für Schneemenschen und Schneeballschlachten ist der Schnee immer noch zu pudrig. Auf jeden Fall machen wir irgend etwas mit Schnee. Und nichts mit Computern. Daher wünsche ich Euch allen schon jetzt ein schönes Wochendende.