• Nachhaltigkeit

    Die Sache mit der Fleischeslust

    Ich bin Vegetarierin und ich liebe Steaks. Frikadellen und Wienerschnitzel habe ich auch immer gern gegessen. Und Parmaschinken. Oder hauchdünne Mortadella bei Wanderungen in den Südtiroler Bergen. Nun esse ich das alles seit 12 Jahren nicht mehr aus Gründen, die ich hier vermutlich nicht näher erläutern muss (Tierwohl, Abholzung der Regenwälder, Klimaschutz, moralphilosophische Überlegungen). Aber es fehlt mir. Der Geschmack, die Abwechslung im Speiseplan und die oft schnellere Zubereitung im Vergleich zu vegetarischen Gerichten.Umso mehr freuen wir uns, dass es jetzt diese wirklich leckeren Fleischersatzprodukte gibt (mein Gott, schon von dem Wort könnte einem eigentlich der Appetit vergehen). Seltsamerweise müssen wir uns ständig Fleischessern gegenüber rechtfertigen, warum wir das denn…

  • Nachhaltigkeit

    Glitzer ist böse!

    „Ich bin so aufgeregt, ich hab richtig Hummeln im Hintern“, sagt die Siebenjährige.„Und ich bin so aufgeregt, ich hab einen Jaguar im Hintern“, sagt der Fünfjährige.Die Siebenjährige hat nächste Woche Geburtstag. Und obwohl wir hier ja gerade ständig Geburtstag feiern, ist die Vorfreude riesig. Die wird noch nicht mal von der Tatsache getrübt, dass es wieder ein Corona-Geburtstag wird. Also keine Kinder-Party mit Tam-Tam und Highlife-in-Tüten, sondern kleiner Kreis und Kuchen. Nur die Wünsche der Noch-Siebenjährigen bereiten mir etwas Kopfzerbrechen. Nachdem ihr Wunschzettel zu Weihnachten noch sehr retro und umweltfreundlich war (Schreibfeder, Briefsiegel, Schnee…) sollen es zum Geburtstag aufmalbare Glitzertattoos und Aquabeads, also Plastikperlen sein. Die Glitzertattoos hat sie bei…

  • Nachhaltigkeit

    Internet-Bummel

    Es gibt so Meldungen am Morgen, die machen mir direkt schlechte Laune. Amazon hat in den ersten drei Monaten 2021 den höchsten Milliardengewinn der Firmengeschichte eingefahren. Klar, weil immer noch alle manisch im Internet shoppen. Aber warum muss es denn immer Amazon sein? Diese Frage stelle ich regelmäßig. Und die Antwort ist immer gleich: Weil es so praktisch ist und so billig und so schnell. Aber wie bei allen Waren, die billig und schnell sind, zahlt jemand anderes den Preis dafür. Die Einzelhändler, die schlecht bezahlten Mitarbeiter und Paketboten und vor allem die Umwelt.Laut der Meeresschutzorganisation Oceana Jahr gelangten 2019 (also noch vor dem großen Corona-Internet-Shopping-Boom) bis zu 10,18 Millionen…

  • Nachhaltigkeit

    Rauchzeichen

    Wir haben jetzt eine Überwachungskamera. Sie wandert von Fensterbank zu Fensterbank und fängt alles ein, was im Garten und auf dem Vorplatz passiert.„Mama, jetzt laufen die Amselküken über die Mauer.“„Mama, der Eichelhäher ist im Garten.“„Mama, da ist wieder dieser Mann auf dem Vorplatz, der seine Kippen in den Gulli schmeißt.“„Was? Welcher Mann?“, sage ich und nehme neben der Überwachungskamera auf dem Fenstersitz Platz. „Und das hat der schon öfter gemacht?“, frage ich.„Ja, jedes Mal, wenn der bei unserer Nachbarin zu Besuch ist. Dann guckt der immer erst links und rechts, ob ihn keiner beobachtet und dann schmeißt er seine Kippe da rein.“„Da hat er aber nicht mit dir gerechnet“, sage…

  • Nachhaltigkeit,  unser Garten

    Nofretete hat Schnupfen

    Nofretete hockt kläglich auf der Fußmatte vor der Küche und atmet durch den Schnabel. Den Hühnern hat der Wetterumschwung von kalt zu warm zu kalt besonders zu schaffen gemacht. Jetzt drängen sie sich vor der Küche und versuchen, etwas warme Abluft zu ergattern. Außerdem sind sie gern in unserer Nähe. Wir kuscheln uns auch in die Küche, weil es in der Übergangsjahreszeit der einzige durchgehend geheizte Raum im Haus ist.„Mama, ich glaube Nofretete ist ganz kalt“, sagt die Siebenjährige und schaut von ihrem Schreibheft auf. Also öffne ich die Küchentür, damit sie es etwas wärmer hat, aber sofort rennen die anderen Hennen in die Küche, um die Haferflocken unter dem…

  • Nachhaltigkeit,  unser Dorf

    „Alle großen Bäume gefällt“

    Wir brauchen dringend Regen. Wieder so ein Satz, den ich früher in der Stadt nie gesagt hätte. Da bedeutete Regen, dass ich nicht Fahrrad fahren konnte und mit der U-Bahn dauerte alles doppelt so lang. In der Stadt hab ich Sätze gesagt wie: „Hast du das neue Stück von René Pollesch gesehen?“ Aber seit ich auf dem Dorf wohne, bin ich so weit, dass ich René Pollesch für eine alte Apfelsorte halte. Also, es fehlt Niederschlag. Wir sitzen hier schon wieder seit Wochen auf dem Trockenen und meine Beete bekommen Risse wie meine Schienbeine im Winter. Die Kinder finden das natürlich spitze. Bei anhaltenden Hochdruckgebieten dürfen sie die Gärten und…

  • Mamaaa!!!,  Nachhaltigkeit

    Lass fetten, Baby!

    Ich bin Trendsetterin. Ich war dem shampoofreien Haarwasch-Trend „No-Poo“ um Jahre voraus. Bei mir hieß das allerdings „auftrittsfreie-Zeit“. Als dann No-Poo durch die Medien geisterte, dachte ich zunächst, dass sei wieder so ein verrückter Ernährungstrend aus Kalifornien, bei dem man nicht mehr kackt. To poo ist ja das englische Äquivalent zu Aa-machen. Aber nein, es bedeutet lediglich, sich ohne Shampoo die Haare zu waschen. Wow, was für eine Erfindung. Haben unsere Vorfahren zwar für Jahrhunderte praktiziert, aber echt crazy, was die Sozialen Medien da ausgegraben haben. Meal-Prep statt Fertiggerichte. Essigessenz statt Allzweckreiniger. Bienenwachstücher statt Alufolie… es wird ja immer wieder als Mega-Trend angepriesen, was für unsere Großeltern noch vollkommen selbstverständlich…

  • Nachhaltigkeit,  unser Dorf

    Mein Mann, der Messie

    Wir sind die Müllkippe des Dorfes. Mittlerweile hat sich rumgesprochen, dass man alles bei uns abladen kann. Alte Fenster, Balken, Fässer, kaputte Türen, Kameras, Kinderbetten… wozu haben wir denn den alten Stall? Was uns nicht gebracht wird, klaubt Friedolin vom Sperrmüll oder vom Flohmarkt. Manchmal mache ich mir Sorgen, dass er Messie-Tendenzen entwickelt. Man kann unser Nebengebäude kaum noch betreten. Wobei ich den Stall ohnehin nicht betrete. Dort hausen Spinnen, groß wie Suppenteller. Immerhin halten sie uns die Ratten vom Leib. Vielleicht behauptet Friedolin das aber auch nur, damit er im Stall seine Ruhe vor mir hat. Doch jedes Mal, wenn ich mit ihm schimpfe, weil er wieder eine Wagenladung…

  • Kinder,  Nachhaltigkeit

    Die hohe Kunst der Benötigung

    Der Fünfjährige schiebt sich den dritten Apfelpfannkuchen in den Mund. Und schielt gleichzeitig nach den belegten Broten, die eigentlich für die Erwachsenen gedacht sind. Die Siebenjährige begräbt ihren Teller währenddessen unter einem Berg Zimtzucker. Die Erwachsenen sind mit Quatschen beschäftigt, also hält sie niemand davon ab. Zum Glück sind wir ein paar Tage bei Friedolins Großeltern zu Gast. Bei dem, was unsere Kinder gerade essen, hätten wir sonst längst einen Kredit aufnehmen müssen. Eigentlich wollten wir Tagesausflüge in Dithmarschen unternehmen. Aber wir kommen vor lauter Mahlzeiten nicht dazu.„Nordseeluft und Wellen machen Kinder hungrig, das sagen alle Legenden“, sagt die Siebenjährige mit erhobenem Zeigefinger und vollem Mund.„Trotzdem ist jetzt mal gut“,…

  • Nachhaltigkeit

    Die Freiheit und die Tiere

    Mein Backenzahn ist durchgebrochen. Als ich auf ein Stück Toast gebissen habe. Anscheinend haben sogar meine Zähne Ermüdungserscheinungen. Vielleicht war es auch ein Zahnmaterialfehler. Stellt sich die Frage, bei wem ich den reklamieren kann. Vermutlich am ehesten beim lieben Gott. Aber bei dem hänge ich seit Corona in der Warteschleife.Die Siebenjährige hat sich sofort das abgebrochene Stück Zahn geschnappt.„Das lege ich unter mein Kopfkissen. Vielleicht fällt die Zahnfee ja drauf rein.“Im Auto auf dem Weg zum Zahnarzt höre ich sehr laute Musik, die weder ein rotes Pferd noch den Wunsch einen Schneemann zu bauen beinhaltet und denke: „Ach schön, kommste mal raus.“ Ein seltsames Gefühl von Freiheit stellt sich ein.…