Corona-Chronik,  Kinder

Haare schneiden in Bullerbü

Heute gehen wir zum Frisör. Gemeinsam mit Astrid Lindgren. Das funktioniert so, dass die Kinder sich ihre Zauberumhänge anziehen und erwartungsfroh in unserem Frisiersalon am Küchentisch Platz nehmen. Sie freuen sich, weil sie beim Haareschneiden auf dem Laptop Bullerbü gucken können. Sonst dürfen sie nur fernsehen, wenn schlechtes Wetter ist. Und da es seit dem Klimawandel in unserem Dorf kaum noch regnet, kommt das selten vor. Eigentlich soll das Fernsehen beim Stillsitzen helfen, aber für den Vierjährigen ist selbst Bullerbü so aufregend, dass er vor Freude und Spannung zittert. Wenn er auf Tour im Hotel mal normales Kinderfernsehen gucken darf, muss er zwischendurch in eine Tüte atmen. Und ich auch. Kinderfernsehen ist so sensationslüstern geworden. Es geht nur noch um superaufregende Ereignisse, superbesondere Talente und superstarke Zauberkräfte. Oder irgendwas mit Pferden. Es gibt kaum noch normale Geschichten von normalen Kindern. Also schneide ich Haare mit Astrid Lindgren. Bei Friedolin nützt jedoch selbst Bullerbü nichts. Wenn ich seine Haare schneide, mault er, weil es ihm zu lange dauert. Seine Geduldsspanne liegt noch unter der des Vierjährigen. Also schneidet er selbst im Badezimmer vor dem Spiegel. Und zwar immer genau dann, wenn ich gerade das Bad geputzt habe. Waschbecken und Fußboden sehen hinterher aus, als ob jemand ein Schaf mit braunen Haaren geschoren hätte. Wohlbemerkt, nachdem Friedolin glaubt, alles wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt zu haben. Ehemänner mit Glatze haben durchaus Vorteile.

Ich schneide mir die Haare immer selbst, weil ich mich nie mit Frisörinnen drauf einigen kann, was „Bitte nur die Spitzen schneiden“ bedeutet. Ich meine damit: Bitte nur die Spitzen schneiden. Auf frisösisch übersetzt heißt das aber: Ich hätte gern einen flotten Kurzhaarschnitt. Die meisten Frisösen waren im vorherigen Leben Holzfäller. Bei einer Nordmanntanne sind 20 cm nur die Spitze.

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