mit Kindern auf Tour

Hotelentzug

„Müsst ihr wirklich wegfahren“, hatte mich die Siebenjährige vor unserer Abreise unglücklich gefragt.
„Wir müssen ja Geld verdienen“, sagte ich und lud meinen Ukulelen-Koffer ins Auto.
„Ihr könnt doch einfach zu so einem Automaten gehen und euch da Geld holen“, schlug sie vor.
„Aber dafür muss ich vorher erstmal Geld in den Automaten rein tun“, sagte ich und gab ihr zum Abschied einen Kuss. Die Kinder waren streng genommen nicht betrübt, dass wir wegfahren. Sondern, dass sie nicht mitdurften. Die Siebenjährige muss schließlich zur Schule. Seit ihrer Einschulung ist unser Leben noch komplizierter geworden. Unsere Agentin hatte uns dieses Jahr tollerweise drei große Touren mit den Kindern in den Oster-, Sommer- und Herbstferien gebucht. Alle drei sind wegen Corona ausgefallen.

„Bringt ihr uns Marmeladenschälchen zum Essen mit?“, fragte der Fünfjährige. Sie fantasieren regelmäßig vom Frühstücksbuffet im Hotel. Unser Frühstück zuhause ist eher spartanisch. Haferflockenbrei an Schultagen, am Wochenende sind Croissants von der Tankstelle das höchste der Gefühle. Dagegen erscheint ihnen die bombastische Buffet-Auswahl von Rührei, Lachs, Nutella, Würstchen und all den Dingen, die wir niemals kaufen würden, wie das Schlaraffenland. Als Babys krabbelten sie zwischen den Tischen hindurch und versteckten sich unter den tiefhängenden Tischdecken. Sobald sie laufen konnten, schlichen sie unzählige Male zum Buffet, um sich immer nur ein einzelnes Teilchen auszusuchen und es wie einen erbeuteten Schatz freudestrahlend zu unserem Tisch zurück zu tragen.

Ich glaube, die unzähligen Hotelaufenthalte haben ihre Bewegungsmuster stark geprägt. Beide Kinder konnten so schnell krabbeln, dass sie fast vom Boden abhoben. Die endlosen Hotelflure waren die beste Rennstrecke, in unserer engen Drei-Zimmer-Wohnung hätten sie solche Geschwindigkeiten niemals erreichen können. Später entwickelten sie sie die hohe Kunst des lautlosen Fangenspiels. Sie hatten schnell raus, dass man gerade in großen Hotels wunderbar die langen Flure im Kreis rennen kann. Sofern man barfuß und leise ist, weil einen sonst die Rezeptionistin oder auf Kur befindliche Rentner anschnauzen.
Im Hotel angekommen, kann ich sie schnell trösten. Frühstücksbuffet in Corona-Zeiten ist gar nicht so toll. Man darf nichts anfassen, sondern nur mit Mundschutz darauf zeigen und dann bekommt man das Essen zugeteilt. Es gibt längst nicht so eine große Auswahl und das meiste ist hygienisch eingeschweißt oder in winzigen Papptütchen portioniert. Cornflakes und Knuspermüsli zum Beispiel. Wobei man die natürlich wunderbar zwischen zwei Zeitungsseiten für den unglücklichen Nachwuchs nach Hause schmuggeln kann, ganz theoretisch.

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