Backstage

Nachts im Theater

Und dann wurde es plötzlich eine dieser glitzernden Nächte, dieser seltenen tiefblauen Stunden, die man niemals so planen kann, weil sich ihr Zauber nur im flüchtigen Moments entfaltet. Die Tontechniker hatten die Bühne abgeräumt, die Zuschauer lagen in ihren Betten und die Musiker standen mit Jacken und Instrumentenkoffern im leeren Saal. Und dann setzte sich der Chansonnier Sebastian Krämer doch noch für ein letztes Lied ans Klavier. Und der klassische Pianist Christian Fritz gesellte sich zum ihm und beide begannen, vierhändig zu improvisieren. Natürlich mit 1,5 Meter Sicherheitsabstand zwischen sich auf dem Klavierhocker. Sie spielten mit einem entrückten Lächeln, einer Selbstvergessenheit und Verspieltheit, die so in der konzentrierten Professionalität des Auftritts selten möglich ist. Sie spielten wie Kinder, wie Genies, mit atemberaubenden Tempo, mit unbändiger Kraft und Schönheit, plötzlich sprang der eine auf und sie tauschten die Plätze, ein Rundlauf auf der Klaviatur zwischen Wettkampf und absoluter Harmonie. Dann holte Stefan Balazsovics seine Geige wieder hervor und flocht eine neue Melodie in den Klang und der Cellist Victor Plumettaz forderte mich zum Tanz auf und wir flogen ohne uns zu berühren durch den leeren Saal und Friedolin lächelte mir zu, in seiner eigenen Gesprächsblase mit Timm Beckmann auf der Bühnentreppe vertieft und dann stieg ich atemlos bei den Caprifischern und Fly me to the moon mit ein und die ganze Zeit hatte ich ein strahlendes Lächeln auf den Lippen und ein schmerzhaftes Ziehen im Herzen, weil ich mir so gewünscht hätte, die Kinder wären hier und könnten all dies miterleben.

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