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Zum 08. März
Heute werde ich wieder einmal daran erinnert, dass ich eine Frau und damit benachteiligt bin. Lasst die Korken knallen! Und dann wieder artig zurück zur Tagesordnung. Ich mag den Weltfrauentag nicht. Ja, Frauen in Deutschland sind stärker von Altersarmut betroffen, werden häufiger Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt und bekommen schlechteres Gehalt für gleiche Leistung. Ganz zu schweigen von dem Leid, das Frauen in anderen Gesellschaften erleiden müssen. Warum wir dafür einmal im Jahr eine Rose und einen Themenabend in der ARD bekommen, erschließt sich mir nicht. Das alles ist ja 365 Tage im Jahr Scheiße und sollte dementsprechend 365 Tage im Jahr verhandelt werden. Und damit Themenabende und Gedenktage…
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Abgeschminkt
Die Kinder hassen es, wenn ich mich schminke.„Du siehst dann immer so komisch aus“, sagt die Siebenjährige.„Ja, gar nicht mehr so wie du“, ergänzt der Fünfjährige und schaut dabei drein, als hätte ich sein Lieblingskuscheltier in der 90 Grad-Wäsche geschrumpft.Daran kann man mal sehen, wie sehr Selbstwahrnehmung und Außenwirkung auseinander driften. Ich finde nämlich, dass ich mit zunehmenden Alter nur noch geschminkt aussehe wie ich. Vor allem nach zu kurzen Nächten im Winter. Dann sehe ich aus, ich wiederhole ich mich an dieser Stelle, als hätte ich gerade Zwiebeln geschnitten, einen allergischen Schock erlitten und einen Knödel auf dem Kopf. Aber da ich seit Corona grundsätzlich ungeschminkt durch die Tage…
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Trauma des Jätens
Heute habe ich mal zur Abwechslung niemanden getötet. Das passiert mir beim Unkraut-Jäten sonst leider ständig. Ich trage ein mittelschweres Jät-Trauma mit mir rum, seit ich mit dem Unkrautstecher eine Erdkröte erwischt habe. Eigentlich wollte ich mit Elan den Immergrün-Wurzeln den Garaus machen, stattdessen ertönte ein zischendes Geräusch wie aus einer kaputten Luftmatratze und ich grub eine Erdkröte aus. Ich hatte ihre Lunge durchbohrt. Nachdem ich zutiefst geschockt ein paar Tränen vergossen hatte, grub ich die nun tote Amphibie auf unserem Kleintier-Friedhof zwischen der Baby-Maus und dem Amsel-Küken wieder ein und die Kinder dekorierten andächtig das Kröten-Grab. Ein andermal hatte ich ebenfalls schwungvoll Giersch entfernt und dabei ein Rotkehlchen-Nest frei…
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Übergang im Stillstand
Eigentlich hätte er der Große sein sollen und jetzt ist er doch wieder nur der Kleine.Im Kindergarten wäre der Fünfjährige zur Zeit ein Vorschulkind, einer von den Großen mit besonderen Rechten und Pflichten. Er wäre ein Vorbild für die Kleineren, dürfte allein zum Spielen auf das Außengelände und an besonderen Ausflügen für die „Schulis“ teilnehmen: in die Stadtbibliothek, zu Schnuppertagen in die Grundschule, ins Kindertheater. Das alles findet wegen Corona nicht statt.Dieses Jahr wäre für den Fünfjährigen ein wichtiges Jahr gewesen. Ein Jahr des Übergangs vom Kindergartenkind zum Schulkind. Statt dessen ist er seit dem 16. Dezember zu Hause. Im Schatten von zwei Erwachsenen und einer großen Schwester.Zu Hause ist…
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Abseits des Weges
„Geschichten ohne Handy sind irgendwie spannender“, sagt die Siebenjährige und blickt von ihrem Fünf-Freunde-Buch auf.„Wie meinst du das?“, frage ich.„Die sitzen gerade im Sturm auf einer Insel fest“, erklärt sie. „Wenn sie ein Handy gehabt hätten, hätten sie ja zuhause anrufen können, damit die Küstenwache sie abholt. Aber dann hätten sie die ganzen Abenteuer nicht erlebt.“Da habe ich noch nie drüber nachgedacht. Aber natürlich hat mein cleveres Kind absolut Recht. Was wäre passiert, wenn Robinson Crusoe ein GPS-fähiges Smartphone gehabt hätte? Oder Hänsel und Gretel? Die Liste ließe sich natürlich endlos fortsetzen.„Wie ist das denn in den neueren Büchern?“, frage ich sie.„Da sagen die dann immer, dass sie ihr Handy…
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WAS DU SAGST…
Heute überlasse ich Friedolin die virtuelle Bühne:
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Schön schuften
Ich teste gerade die Corona-Frühlingsdiät. Die funktioniert so, dass ich nach einem mit Homeschooling und Computerkram voll gepacktem Vormittag den restlichen Tag schweren Lehmboden umgrabe, Schubkarren mit Kompost durch die Gegend schiebe und kopfüber vom Apfelbaum hängend mit der riesigen Astschere hantiere. Hungrig nach so viel frischer Luft essen wir dann früh zu Abend, wonach ich in weiser Voraussicht gemeinsam mit den Kindern Zähne putze, weil ich beim Schlaflied singen um 20 Uhr von der ungewohnten körperlichen Arbeit schon im Kinderzimmer einschlafe und wenig später auf allen Vieren in mein Bett krieche, anstatt wie sonst mit Friedolin auf dem Sofa zu versacken, wo ich Dinge trinke, die ich besser nicht…
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Wartungsarbeiten
„Papa repariert Dinge und Mama repariert die Kinder“, sagt die Siebenjährige, während ich ihrem Bruder einen eindrucksvollen Splitter aus dem Finger ziehe. Womit sie unser Familienleben ziemlich gut auf den Punkt gebracht hat.„Und dann baut Papa Dinge, wo sich die Kinder wieder Splitter holen“, jault der Fünfjährige.Ich finde ja, Friedolin hat den leichteren Job von uns beiden. Er behauptet natürlich das Gegenteil. Die Kinder in diesem Haus gehen aber definitiv häufiger kaputt, als die Dinge. Und es gibt auf Ebay keine Ersatzteile für sie. Vor allem die regelmäßigen Wartungsarbeiten wie Fingernägel schneiden, Haare bürsten und Impftermine bringen das Personal ständig an die Belastungsgrenze. Ich habe zum Beispiel noch nie erlebt,…
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Auf den letzten Metern
Die Tage sind gezählt. Das Guckloch in den Alltag unserer Familie beginnt sich langsam zu schließen. Am 16. März 2020 habe ich den ersten Eintrag veröffentlicht: Unser 1.Klasse-Schulkind maulte heute früh:„Ich will nicht Schule machen, es sind Ferien.“„Das hier sind keine Ferien, das ist Corona. Also, Hefte raus.“Als der Protest anhielt, sagte ich: „Wir spielen jetzt Schule. Du setzt deinen Ranzen auf, gehst zum Bus, wartest fünf Minuten und wenn du wieder kommst, ist hier die Schule und ich bin die Lehrerin“. Das fand sie witzig und wir haben brav Schule gemacht. Der Haken an der Sache war, dass jetzt alle im Dorf erzählen, Familie Eymess würden ihre Kinder trotz…
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Pick your battles!
„Wie spricht denn ein Roboter?“, fragt Friedolin die Kinder beim Abendessen. Die Siebenjährige öffnet den Mund, heraus kommt ein bombastischer Rülpser. Erschrocken schlägt sie die Hände vor den Mund. Alle starren sie an. Dann explodieren wir in einem kollektiven Lachanfall. Der Fünfjährige fällt vor Lachen vom Stuhl und die Siebenjährige auf der Küchenbank um.„Wer hätte gedacht, dass aus einem so zarten Mädchen ein so lauter Rülpser kommen kann“, sage ich und wische mir eine Träne aus dem Auge.„Klang doch astrein nach Roboter“, sagt Friedolin und wir kichern wieder los.Ich persönlich finde es ja immer zum Piepen, wenn kleine Kinder unabsichtlich rülpsen. Neulich war jedoch ein Gastkind zum Essen bei uns…