Kinder

Abseits des Weges

„Geschichten ohne Handy sind irgendwie spannender“, sagt die Siebenjährige und blickt von ihrem Fünf-Freunde-Buch auf.
„Wie meinst du das?“, frage ich.
„Die sitzen gerade im Sturm auf einer Insel fest“, erklärt sie. „Wenn sie ein Handy gehabt hätten, hätten sie ja zuhause anrufen können, damit die Küstenwache sie abholt. Aber dann hätten sie die ganzen Abenteuer nicht erlebt.“
Da habe ich noch nie drüber nachgedacht. Aber natürlich hat mein cleveres Kind absolut Recht. Was wäre passiert, wenn Robinson Crusoe ein GPS-fähiges Smartphone gehabt hätte? Oder Hänsel und Gretel? Die Liste ließe sich natürlich endlos fortsetzen.
„Wie ist das denn in den neueren Büchern?“, frage ich sie.
„Da sagen die dann immer, dass sie ihr Handy vergessen haben oder der Akku ist alle, aber das wirkt manchmal irgendwie ausgedacht.“
Scheinbar muss man vor allem in Kinderbüchern die Smart-Devices loswerden, damit die kleinen Protagonisten Abenteuer erleben können. Ohne, dass die Eltern über die Smartwatch das verirrte Kind tracken können. Oder jedes Rätsel sofort mit Wikipedia gelöst wird.

Geschichten handeln vom Unvorhersehbaren, vom Verirren und Wiederfinden. In Zeiten von GPS ist es schwer, sich zu verirren. Dabei ist genau das doch eines der spannendsten Abenteuer: wer sich nicht verirrt, folgt immer nur den Wegen, die andere schon gegangen sind und hat keine eigene Geschichte zu erzählen.

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