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Krankmeldung
Irgendetwas hat mich heute aus der Bahn gekegelt. Ich kriege die Augen kaum auf und mir ist wahnsinnig schwindelig. Vielleicht habe ich mir gestern beim Lehmboden umgraben einen Wirbel rausgehauen. Wäre nicht das erste Mal. Vielleicht ist auch einfach mein Blutdruck komplett im Keller. Dann hilft ausruhen und nach ein paar Stunden geht es wieder. Oder es waren doch Maiglöckchen zwischen dem Bärlauch. Zum Glück sind die Kinder heute vormittag aus dem Haus, Homeschooling wäre in diesem Zustand nicht drin. Aber irgendwo auch ungünstig, weil ich jetzt den einen von zwei kinderfreien Vormittagen diesen Woche nicht nutzen kann. Auf jeden Fall habe ich heute nichts für euch. Schon diese paar…
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Facebook, a.D.
Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat die Schließung von Minigolfanlagen vorübergehend außer Kraft gesetzt. Das ist doch mal eine gute Nachricht. Ansonsten finde ich alles gerade so frustrierend, dass ich am liebsten streiken würde. Mein altes Leben ist in so weite Ferne gerückt, dass ich es mir nicht mal mehr vorstellen kann. Und damit meine ich nicht die Freizeit- und Kontaktbeschränkungen. Daran haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Ebenso wie an die Masken und distanzierten Begrüßungen. Nein, ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie es war, als ich noch wusste, womit ich im nächsten Monat mein Geld verdienen würde. Als meine berufliche und finanzielle Existenz zwei Jahre im Voraus gesichert und…
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Nachwuchsplanung
Rambo brütet was aus. Im Idealfall zehn Küken. Wir hätten ja gern neun Hennen und einen federfüßigen Zwerg-Hahn. Wenn diverse *Hühner darunter sind, wäre das auch OK, insofern sie nicht vor 7 Uhr die Nachbarschaft zusammen krähen. Vermutlich können wir aber schon froh sein, wenn aus den 10 befruchteten Eiern, die uns ein netter Zwerghuhn-Züchter geschenkt hat, wenigstens fünf Küken schlüpfen.Rambo brütet seit Ostern. Sie ist eine gute Glucke, kampferprobt und nicht zu nervös, aber wie die meisten Mütter schlecht in Selbstfürsorge. Sie hockt ununterbrochen auf dem Nest, ohne zu essen und zu trinken. Also übernehme ich den Job der besten Freundin und zwinge sie liebevoll dazu. Einmal pro Tag…
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Küssen ist ekelhaft
Küssen ist ekelhaft. Das ergab eine repräsentative Umfrage der unter 13-Jährigen in diesem Haus. Die Tatsache, dass beim Küssen Speichel den Besitzer wechselt, wurde als besonders widerlich eingeordnet.„Spuckt man dann hinterher aus?“, fragt Kind Nr. 1, das hier nicht weiter spezifiziert werden soll, weil das Thema ja absolut oberpeinlich ist.„Nee, man schluckt das einfach runter“, sage ich.Alle Anwesenden machen Würgegeräusche.„Und man steckt sich wirklich gegenseitig die Zunge in den Mund?“„Japp.“Entsetzte Blicke.„Dann lässt man den anderen ja in seinen Körper rein.“„Das ist quasi Sinn der Sache. Und eine Art Vorübung.“„Für was denn?“„Das besprechen wir ein andermal.“„Ich weiß gar nicht, was daran so schlimm sein soll“, sagt die Siebenjährige, die durchaus namentlich…
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„Test, Test, 1,2,3“
Für die Siebenjährige beginnen Schultage mit Tränen. Sobald sie sich mit dem Selbsttest-Tupfer in der Nase bohrt, laufen die Augen über und sie wird von Niesanfällen geschüttelt. Aber sie zieht das tapfer durch. An und für sich popeln Kinder ja ganz gerne. Aber das Reiben und Piksen und Kribbeln der Test-Tupfer ist schon fies, vor allem so früh am Morgen. Ich finde es beruhigend, sie getestet auf getestete Mitschüler loszulassen. Die negativen Kinder dürfen nun wieder den gesamten Schulhof nutzen und sich freier bewegen. An die Masken haben sie sich mittlerweile auch gewöhnt. Weniger beruhigend finde ich, dass in vielen Firmen immer noch nicht getestet wird. Laut einer Umfrage vom…
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Robert De Narziss
Der Fünfjährige erkennt sich selbst nicht mehr. Er hat sich die Haare gebürstet. Sogar mit Seitenscheitel. Er steht vor dem Spiegel im Flur und lacht sich kaputt. Dann ruft er:„Mama, da ist so ein Typ im Spiegel und der macht immer das gleiche wie ich. Ich so … und dann er so ….“Dann probiert er Posen wie ein zu heiß gewaschener Robert De Niro.„Du laberst mich an? Kann das sein, dass du mich meinst? Du redest mit mir?“Zum Glück macht er sich über seinen Doppelgänger lustig und himmelt ihn nicht an. Sonst würde ihn wohlmöglich irgendein durchgeknallter Gott in eine Narzisse verwandeln. Die könnte dann allerdings die Siebenjährige für ihr…
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Ferienreif
Die Kinder haben eine tote Vogelspinne im Müll gefunden. Und sie waren im Meer baden. Das waren so in etwa die Highlights unserer Osterferien. Die Sache mit der Vogelspinne hat sich immerhin schnell aufklären lassen. Es war nämlich gar keine. Zum Glück haben wir nicht die Feuerwehr gerufen. Wobei ich das nicht schlecht gefunden hätte, weil unser Nachbar von der Feuerwehr ja sehr nett ist und wir sonst gerade kaum Freunde treffen.Die Kinder hatten im Mülleimer auf dem Sportplatz ein seltsames Wesen mit pelzigen Beinen gefunden und waren völlig aufgelöst nach Hause gekommen. Die Frage, warum sie überhaupt in den Mülleimer auf dem Sportplatz gucken, konnte nicht zufrieden stellend beantwortet…
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Hasenalarm
Pünktlich zur Osterwoche drehen unsere Hasen durch. Wenn sie nicht mit Luftsprüngen durch den Garten toben, begatten sie sich ständig, gern auch am Kopf, oder reißen sich in Rangkämpfen das Fell aus. Außerdem versuchen sie sich in Gartengestaltung und buddeln manisch Gänge unterm Apfelbaum. Die Kinder beobachten dieses Schauspiel ebenso fasziniert, wie peinlich berührt („Aber am Kopf können sie doch gar keine Babys machen…“). Seit Kurzem besucht uns auch täglich ein Kamikaze-Kaninchen, das vom Nachbargrundstück in unseren Garten einbricht. Es bringt das ohnehin schon fragile Gleichgewicht unserer Dreierbande endgültig durcheinander. Da das Nachbarkaninchen rund um die Uhr Freigang hat, klettert es gern nachts auf den 1,60 Meter hohen Holzstoß, von…
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Hüte dich!
Die Siebenjährige muss sich gerade dreimal pro Tag umziehen. Das hat nichts mit modischer Unentschiedenheit zu tun. Sie hütet sich lediglich davor, in den Bach zu fallen. Das geht natürlich nur, indem sie über den Bach springt. An der breitesten Stelle. Wo die Brennnesseln wachsen. Außerdem hütet sie sich davor, in den brackigen Tümpel am Feldrand zu fallen. Das geht natürlich nur, indem sie sich an der steilsten Stelle entlang hangelt. Sie hat von Ronja Räubertochter gelernt, dass Kinder sich vor Gefahren nur dort hüten können, wo sie auch wirklich anzutreffen sind. Denn vor etwas, was gar nicht da ist, kann man sich nicht hüten.Friedolin merkte an, dass sie vielleicht…
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Pockdown
Unsere Hühner sind jetzt auch im Lockdown. Oder „Hockdown“, wie der Fünfjährige sagt. Oder „Pockdown“, wie die Siebenjährige es nennt. Sie hocken den ganzen Tag auf der Stange und pocken unglücklich vor sich hin. Die ersten Tage waren sie völlig außer sich, wenn wir in die Nähe des Stalls kamen, ohne sie rauszulassen. Mittlerweile scharren sie resigniert im Stroh.„Tja, Mädels, willkommen im Club“, sage ich und streue ein paar Sonnenblumenkerne in die Voliere. Die Hühner haben jetzt mit der Vogelgrippe ihre eigene Pandemie inklusive Ausgangssperre und Kontaktbeschränkungen. Sie kritisieren die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen, da die Singvögel trotz hoher Inzidenzwerte noch frei herum fliegen dürfen, ebenso Wildgänse und Enten, die ja,…