Kinder

Delikatessen

„Mama, was sind Delikatessen?“
Ich schaue vom Computer auf und versuche, meinen Focus auf die Frage der Siebenjährigen scharf zu stellen. Da mein inneres Wörterbuch aber gerade mit der Recherche von Lichtverschmutzung und deren Folgen für die heimische Fauna beschäftigt ist, nuschele ich nur:
„Delikatessen sind Nahrungsmittel, die es bei uns nicht gibt“, und hoffe, dass das Thema damit beendet ist. Aber natürlich lässt sich mein investigatives Kind nicht abspeisen.
„Was denn zum Beispiel?“
Ich seufze und krame in meinem Gedächtnis nach Delikatessen, die mein Kind verstehen kann. Aber mir fallen auf die Schnelle nur 80-Jahre-James-Bond-Speisen ein, von denen sie entsetzt wäre. Hummer. Austern. Kaviar. Stopfleber. Bison Rohschinken. Und zerstückelte Hausmeister. Also rette ich mich in vage Umschreibungen:
„Delikatessen sind besonders zubereitete Speisen, die man eher selten isst.“
„So wie Chips?“
Wenn sie wüsste… Zum Glück gucken die Kinder nicht in den gelben Sack. Das habe ich nun von meiner halbgaren Antwort. Hätte ich mir direkt mehr Mühe gegeben, könnte ich längst weiter arbeiten.
„Nein, eher so wie der Gute-Laune-Käse aus der Gemüsekiste.“ Das ist ein Bio-Bergblütenkäse, den die Kinder lieben, den wir aber nur selten kaufen, weil sein Grammpreis dem von Gold recht nahe kommt.
„Also, wie ein Erdbeerbecher in der Eisdiele?“
„Oder Tante Mechtis Käsekuchen?“, klinkt sich der Fünfjährige ein.
„Oder Papas panierter Schafskäse?“
„Oder Räuberfladen?“
„Toll, jetzt habe ich Hunger“, sage ich, klappe den Laptop zu und gehe auf Delikatessen-Jagd in unsere Speisekammer. Mir fällt das Olivenöl aus meinem Weihnachts-Präsentkorb ins Auge. Und der Feigensenf. Der Rotwein, den wir schon zweimal mit umgezogen haben, weil wir immer noch auf die passende Gelegenheit warten. Damit werde ich bei den Kindern aber keine Begeisterungsstürme auslösen.
„Spaghetti mit Linsen-Bolognese?“, rufe ich in die Küche und alle jubeln. Das ist zwar nach meiner eigenen Definition keine Delikatesse, weil wir sie ständig essen. Aber sie macht uns alle glücklich. Und das ist es ja eigentlich, worauf es bei gutem Essen ankommt.

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