Kinder

Überschallantrieb

Unsere Kinder sind chronisch gut gelaunt. Kaum schlagen sie die Augen auf, fällt ihnen schon etwas lustiges ein und sie kichern im Bett liegend vor sich hin. Im Badezimmer erzählen sie die ersten Witze, während ich noch damit beschäftigt bin, die Augen aufzukriegen.
„Mama, was stinkt und wächst unter der Erde? Eine Furzel.“ Sie kugeln sich vor Lachen über die Badematte, obwohl sie den Witz schon 100 Mal erzählt haben. Ich nuschele dann etwas, das nach: „Ja, voll lustig“ klingt, versuche aber gleichzeitig das Thema auf etwas deprimierendes wie das große Artensterben oder die Abholzung der Regenwälder zu bringen, sonst geht das ohne Pause vom Frühstück bis zum Kindergartenbus so weiter.
„Was liegt am Strand und spricht undeutlich? Eine Nuschel.“
„Was ist rot und kämpft sich durch den Salat? Ein Rambodieschen.“
Zwischendrin freuen sie sich lautstark über den glitzernden Tau, die leuchtenden Morgensonnenstrahlen über dem Dachfirst und dass sie am Leben sind.

Ihre gute Laune ist wie ein Überschallantrieb, der sie in Höchstgeschwindigkeit durch den Tag katapultiert. Ich komme da nicht mit. Manchmal fühle ich mich wie Mary Poppins, die ungehalten dem Schornsteinfeger und ihren Schützlingen dabei zu sieht, wie sie kichernd unter der Decke hängen und ständig sagt:“ Hört auf euch wie ein Rudel lachende Hyänen zu benehmen.“ Um das Gleichgewicht in unserem Familienuniversum wieder herzustellen, muss ich zwangsläufig die Spaßbremse spielen und dumme Erwachsenensätze sagen wie: „Macht mal langsam.“ „Jetzt ist aber auch mal gut.“ „Kommt da runter.“ Sonst verletzen sie sich ständig. Sie haben vor lauter Lebensfreude keine Zeit, nach potentiellen Gefahrenquellen zu schauen.

Schuld daran sind vermutlich all die Aufritte während der Schwangerschaft. Sie sind im Bauch mit Gelächter, Musik und Eustress regelrecht überflutet worden. Versuche mit Ratten legen nahe, dass das Verhalten der Mütter während der Schwangerschaft den Nachwuchs für das folgende Leben programmiert. Ich habe zwei ausgesprochene Frohnaturen ausgebrütet. Im Alltag überfordert es mich manchmal. Aber wenn ich Kinder treffe, die eher mürrisch, maulig und trantütig sind, bin ich plötzlich unendlich dankbar über unsere gut gelaunten Wirbelwinde. Dann lehne ich mich gemütlich zurück und lasse meine kichernden Elektronen um mich herum sausen und glitzernde Lebensenergie versprühen.

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