Corona-Chronik,  Kinder,  unser Garten

Das Museum der toten Tiere

Alle Bordelle sind wegen Corona geschlossen. Dafür geht es in unserem Garten voll zur Sache. Wir betreiben einen Feuerwanzen-Puff. Oder wie die Nachbarskinder liebevoll sagen: Fick-Käfer. „Was ist Ficken?“, fragt der Vierjährige. „Was die Feuerwanzen machen“, sage ich. Jetzt denkt er, man muss dafür mit dem Hinterteil zusammenkleben. Ich hoffe, seine erste Freundin wird mir das verzeihen. Wir können nicht mehr auf die Terrasse treten, ohne kopulierende Pärchen zu zerquetschen. Die plattgetretenen Feuerwanzen landen im Museum-der-toten-Tiere, dem aktuellen Corona-Projekt unserer Kinder. Es gibt ja seitenweise Tipps, wie Eltern ihre Kinder in Quarantäne beschäftigen können. Knochen horten war irgendwie nicht dabei. Die Kinder sammeln das Gewölle der Schleiereule, die auf unserem Dachboden wohnt. Sie zerlegen die ausgewürgten Fellknäule in ihre Einzelteile, säubern die Knöchelchen und breiten sie auf der Terrasse aus. Da sie gerade ohnehin ständig Händewaschen und dabei zweimal Happy Birthday singen müssen, dürfen sie meinetwegen auch mit Kleintierskeletten spielen. Hauptsache ich kann mal in Ruhe Kaffee trinken. Knochen, die sie doppelt haben, tauschen sie untereinander wie andere Kinder Star-Wars-Karten. Wobei die Skelette des Vierjährigen etwas wolpertingerhaftes haben. Er lässt sich ständig über den Tisch ziehen. Eine halbe Ewigkeit haben sie mit ihren Exponaten hinterm Gartentor gewartet. Aber es kamen keine Besucher. Die denken ja, dass alle Museen wegen Corona geschlossen sind. Dann haben sie ihr Musée des animaux morts auf einen Bollerwagen geladen, sind durch unsere Straße gezogen und haben „Das einzige geöffnete Corona-Museum“ gebrüllt. Unsere Nachbarn warfen ihnen einen Euro Eintritt aus sicherer Entfernung zu. Ist doch schön, dass wenigstens unsere Kinder Einkommen generieren. Gerade denke ich, wir haben sie ziemlich gut auf Corona vorbereitet. Auch wenn die medienfreien Jahre ohne Smartphone, Tablet und Fernsehen für Friedolin und mich oft anstrengend waren. Heute sind unsere Kinder wahre Meister der Langeweile.

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