Einschulungsfrisur
Der Sechsjährige hat sich zur Feier seiner Einschulung die Haare schneiden lassen. Zum ersten Mal vom Profi und nicht von seiner stümperhaften Mama. Jetzt steht er vorm Spiegel und erkennt sich selbst nicht mehr.
„Mama, da ist so ein Typ im Spiegel und der macht immer das gleiche wie ich. Ich so … und dann er so ….“
Dann probiert er Posen wie ein zu heiß gewaschener Robert De Niro.
„Du laberst mich an? Kann das sein, dass du mich meinst? Du redest mit mir?“
Er ist gar nicht mehr vom Spiegel wegzukriegen.
„Weißt du, es gab mal einen jungen Mann namens Narziss, der war so sehr in sein Spiegelbild vernarrt, dass ihn ein Gott in eine Narzisse verwandelt hat“, sage ich.
„Das wär doch supercool für Sachkunde“, sagt er. Dem Sechsjährige kann man in punkto Schule nichts mehr vormachen. Er hat zwei Jahre seine große Schwester beobachtet, er weiß, was auf ihn zukommt.
„Ich weiß auch schon, was 100 plus 100 ist.“
„Das kommt aber erst in der dritten Klasse dran“, sagt die Achtjährige altklug.
„Dann brauch ich in Mathe ja zwei Jahre lang nicht zuhören“, feuert er zurück.
Bald ist es soweit. Dann werden wieder reihenweise Erstklässler unter dem Gewicht ihrer überdimensionalen Schultüten ächzend und stolz die Schwelle ihrer neuen Schule überschreiten. Hoffen wir, dass sie auch im Winter in die Schule gehen dürfen und nicht wieder in den Distanzunterricht müssen.