Kinder

Ein Tag im Garten

„Aufhören!“, japst die Siebenjährige und versucht, über den Rasen davon zu kriechen. Sie kommt nicht weit. Der Fünfjährige hält erbarmungslos ihre Knöchel fest und kitzelt ihre nackten Fußsohlen. Dabei lacht er ebenso überschwenglich wie seine große Schwester. Bei so viel Radau retten sich die Amseln lieber schimpfend in den Haselstrauch und die Kaninchen spitzen nervös die Ohren.
„Was muss ich tun, damit du aufhörst?“, bettelt die Siebenjährige völlig außer Atem.
„Du musst dreißighundert Jahre ein Bild malen“, bestimmt der Fünfjährige.
„Dann bist du doch schon tot.“
„Bin ich gar nicht, ich bin jünger als du.“
„Aber so viel nun auch nicht!“
„DU bist dann tot und ich hab noch zwei Jahre Zeit, das Bild anzugucken“, sagt der Fünfjährige altklug und verschränkt die Arme vor der Brust. Seine Schwester nutzt die Gelegenheit und bringt sich in Sicherheit. Das Spiel war ohnehin langweilig geworden, der Fünfjährige startet jetzt lieber eine Wasserpistolenschlacht. Kreischend brechen die Kinder durch das Unterholz, jagen sich um die Kräuterspirale, dann durch das Gemüsebeet und brechen schließlich tropfnass und breit grinsend unter dem Ahornbaum zusammen. Der Himmel über den jungen Blättern ist blau, der Wind riecht nach Sommer und es gibt nichts zu tun, außer Kind zu sein.
Die Siebenjährige stützt sich auf ihren Ellenbogen: „Ich will schwimmen gehen.“
„Das Seewasser ist aber noch eisig“, warne ich.
„Macht nichts, dann ziehen wir Neoprenanzüge an“, rufen die Kinder und rennen zu ihren Fahrrädern. Kurze Zeit später schießen sie schwarz und glänzend wie Robben durch das Wasser. Endlich wieder schwimmen! Das hat in diesem Corona-Winter wirklich gefehlt. Ich stehe bibbernd im knietiefen Uferwasser und bin neidisch, weil ich keine große Cousine habe, von der ich Neoprenanzüge erben kann. Die Kinder wetten, wer zuerst blaue Lippen vor Kälte kriegt und tauchen unter. Und ich denke nicht zum ersten Mal an diesem Sonnentag: Wie schön es doch ist, Geschwister zu haben.

Eine Antwort schreiben