unser Garten

Erde unter den Nägeln

Ich habe einen Frühlingskater. Der Temperatursprung von 25 Grad von letztem zu diesem Wochenende macht mich fürchterlich unkonzentriert. Die Buchstaben verwandeln sich vor meinen Augen in Samentüten und Beet-Pläne.
Die Kinder aßen gestern in T-Shirt und Sonnenbrille im Garten ein Eis, obwohl die Schneeanzüge noch nicht mal getrocknet sind.
Vorher hatten wir eine kleine Fahrradtour durch die Feldmark unternommen, waren aber angesichts der Heerscharen von Sonntagsausflüglern zurück in unseren Garten geflüchtet.
Die Kinder starteten eine epische Wasserpistolenschlacht und verfolgten sich fröhlich kreischend durch die letzten Schneewehen. Sie platzten vor Frühlingsgefühlen in lauter kleine Atome, die sich in irrer Geschwindigkeit und Lautstärke über den Garten verteilten. Ein verwirrter Zitronenfalter flatterte ihnen aus dem Weg. Der Arme wird wohl verhungern, bei uns sind die Frühblüher noch fest verschlossen.
Zum ersten Mal seit langem freue ich mich richtig auf den Frühling. In den vergangenen Jahren kam er mir am Ende der viel zu warmen Winter manchmal wie ein Vordrängler vor, dem ich zurufen wollte: „Du bist doch noch gar nicht dran!“
Aber nach ausgiebigem Rodeln, Schlittschuhlaufen und Teetrinken auf der Ofenbank ist es Zeit für Erde unter den Fingernägeln. Also sind die Kinder mit dem Bollerwagen losgezogen und haben mir Maulwurfserde besorgt. Vermischt mit Sand ergibt die eine wunderbare Anzuchterde und jetzt wohnen Kohlrabi -Samen, Wirsing, Fenchel und Tomate ein paar Tage auf unserer Fensterbank, bis sie ins Frühbeet umziehen dürfen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie betriebsam uns die ersten warmen Tage werden lassen. Eben noch lungern wir warm verpackt im Haus, im nächsten Augenblick finden wir uns schneidend, stutzend und grabend im Garten wieder. Die Liste der geplanten Garten-Projekte ist natürlich wieder ebenso endlos wie utopisch. Ich hoffe, wir kriegen Friedolin dieses Jahr zum Baumhaus überredet, sonst sind die Kinder bald zu alt dafür. Wobei, selbst für heimliche Teenager-Angelegenheiten ist so ein Baumhaus eine gute Sache.

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