Gesellschaft,  Paar

Liebeszauber

Ab jetzt vermittele ich auch Liebeszauber. Falls der Ehemann weggelaufen ist oder fremd geht, wendet Euch an mich. Ich habe gute Kontakte zu mächtigen Zauberwirkern. In der Kommentarspalte meines Blogs tauchen ständig Telefonnummern für Liebeszauber auf. Da die geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es sich um Spam handelt, entferne ich sie. Alle Einträge sind Erfahrungsberichte von geplagten Ehefrauen, die wortreich von mächtigen Liebeszaubern schwärmen, die ihren Mann zurück gebracht und in einen umsorgenden Partner verwandelt haben. Der Zauber funktioniert per Whatsapp. Ich finde es bezeichnend, dass ich ausschließlich Liebeszauber-Spam bekomme. Keine Penisverlängerung oder anderen Schmuddelkram. Scheinbar lesen die Spam-Verbreiter meinen Blog. Beziehungsweise, sie überfliegen ihn. Mein Mann hat mich ja nicht verlassen. Ich finde ihn nur nie. Lieber Chief Eli Dodoru, ich brauche keinen Liebeszauber. Wenn überhaupt wäre ich an einem Gleichberechtigungs-Zauber interessiert. Ebenso wie alle Mütter, die ich kenne.

In den 50er Jahren hätten Friedolin und ich eine harmonische Bilderbuchehe geführt. Wir sind uns nämlich in erstaunlich vielen Punkten einig: Geld, Wohnen, Essen, Umweltschutz, Lebensstil, Urlaubsgestaltung… alles kein Diskussionsthema bei uns. Nur leider habe ich diese unnötige Vorstellung von Gleichberechtigung und kann auch nach sieben Jahren Elternschaft nicht akzeptieren, dass die Kinder uns in alte Rollenmuster katapultiert haben. Besonders das zweite Kind. Friedolin sieht das natürlich komplett anders. In seinen Augen kümmern wir uns gleichberechtigt um die Kinder. Er weiß halt nur nicht, welche Schuhgröße sie haben, wie die Namen ihrer Kindergarten-Freunde lauten und wann der nächste U-Untersuchungstermin ansteht.

In meinem Freundeskreis sind diejenigen Frauen am ausgeglichensten, die akzeptiert haben, dass ihr Mann Karriere macht und sich selbst verwirklicht, während sie ihm mit Kindern und Haushalt den Rücken frei hält. Alle anderen streiten stetig oder sind sehr, sehr erschöpft, weil sie die Doppelbelastung langsam in die Knie zwingt.
Als Paar sind wir keine Insel sondern Teil einer Gesellschaft, in der wir von Gleichberechtigung immer noch weit entfernt sind. Vom Gender-Pay-Gap und solchen Dingen will ich hier gar nicht erst anfangen. Eine Freundin von mir kommt aus Schweden und ist immer wieder bestürzt darüber, wie sehr wir in Deutschland noch in den alten Rollenmustern festhängen.
Ich höre zum Beispiel oft den Satz, dass „Friedolin mir ja mal die Kinder abnehmen könne.“ Was ich schonmal komplett unsinnig finde. Er nimmt sie mir nicht ab. Er nimmt die Kinder mit. Er ist für sie ebenso verantwortlich wie ich. Immer noch wird großer Wirbel darum gemacht, wenn er etwas Leckeres kocht oder als einziger Vater zum Bastel-Abend in die Schule oder zum Kinderturnen kommt. Dabei haben wir beide exakt den gleichen Job. Natürlich macht das was mit uns. Ich finde, dafür lohnt es sich, zu streiten. Für unsere Tochter, die sich später hoffentlich nicht bis zur Erschöpfung zwischen Kindern und Job wird aufreiben müssen. Für unseren Sohn, der sich später hoffentlich nicht ständig von seiner Frau wird anhören müssen, warum er neben seinem Job im Gegensatz zu ihr so wenig Zeit mit seinen Kindern verbringt.

Also, Chief Eli Dodoru, Baba Wale Wiseman oder wie auch immer ihr Zauberwirker auch heißen möget, braut mal einen Gleichberechtigungs-Zauber. Damit könntet Ihr richtig Geld verdienen!

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