Tanztrauma
Heute wird getanzt. Es ist Welttanztag und da wir sonst gerade nicht viel zu feiern haben, nehmen wir das mal als Herausforderung, um die Hüften zu schwingen. Also mit „wir“ meine ich: die Kinder und ich. Friedolin tanzt ja leider nicht. Obwohl er ein sensationeller Tänzer ist. Er beherrscht keinen einzigen konventionellen Tanzstil, kann aber sehr gut so tun, als ob. Schauspieler halt.
Bei unserem Hochzeitstanz hat er mir zwar mehrfach fast den Arm ausgekugelt, das aber sehr elegant und rhythmussicher.
Ich habe ein sehr zwiespältiges Verhältnis zum Tanzen. Ich liebe es. Aber für freien Paartanz bin ich definitiv zu groß. Ich kann mich an diverse Swing- und Salsa-Partys erinnern, wo mich arglose, kleine Männer zum Tanz aufforderten und erst nachdem ich aufstand, erkannten, dass ich einen Kopf größer war als sie. Deutsche Männer reagierten dann oft schmallippig und brachten den Tanz schnell zu Ende. Männer aus Lateinamerika nahmen das sportlich und hüpften bei den Drehungen einfach ein wenig hoch, damit ich unter ihrem erhobenen Arm durchpasste. Jetzt nenne ich einen großen Ehemann mein eigen, der auch noch gut tanzen kann, aber partout nicht möchte. Es ist ein Kreuz.
Als Kind wollte ich unbedingt zum Ballett, aber mein Arzt-Vater erlaubte es nicht, weil es nicht gut für die Knochen sei. Mein Rücken ist auch ohne Ballett kaputt, das Argument wurde also rückwirkend ad absurdum geführt. Ich musste dann Handball spielen, wie meine große Schwester, was ich schon damals absolut unlogisch fand, weil die Verletzungsrate beim Handball definitiv höher ist, als beim Kinderballett. Aber Handball hat mich einiges fürs Leben gelehrt. Zum Beispiel, dass Frauen übelst foulen können. Wenn ich mich mal wieder bei einer gewalttätigen Dampframme beschwerte, dass sie mir ihren Ellenbogen in die Nase oder die Rippen gerammt hatte, bekam ich meist zur Antwort:
„Geh doch zum Ballett“
„Das wollte ich ja“, sagte ich dann kläglich und tupfte mir das Blut von der Nase.