Corona-Chronik

die Quarantäne-Chroniken

  • Corona-Chronik

    Ferienreif

    Die Kinder haben eine tote Vogelspinne im Müll gefunden. Und sie waren im Meer baden. Das waren so in etwa die Highlights unserer Osterferien. Die Sache mit der Vogelspinne hat sich immerhin schnell aufklären lassen. Es war nämlich gar keine. Zum Glück haben wir nicht die Feuerwehr gerufen. Wobei ich das nicht schlecht gefunden hätte, weil unser Nachbar von der Feuerwehr ja sehr nett ist und wir sonst gerade kaum Freunde treffen.Die Kinder hatten im Mülleimer auf dem Sportplatz ein seltsames Wesen mit pelzigen Beinen gefunden und waren völlig aufgelöst nach Hause gekommen. Die Frage, warum sie überhaupt in den Mülleimer auf dem Sportplatz gucken, konnte nicht zufrieden stellend beantwortet…

  • Corona-Chronik

    Ach, was war das für ein schöner, schöner Tag gestern. Ich bin auf kleinen, watteweißen Wölkchen durch die Stunden geschwebt, beflügelt von euren liebevollen, mutmachenden Worten, Kommentaren und Nachrichten. Noch heute umhüllen sie mich wie ein leuchtender Kokon gegen die Unbill dieser verrückten Zeit. Normalerweise bin ich nicht gut darin, für mich allein etwas einzufordern. Aber vielleicht sollte ich das häufiger tun, wenn das Ergebnis so wundervoll ist. Den Sekt konnte ich mir direkt sparen, weil ich ganz angetrunken vor Glückseligkeit war und sonst auch nach dem Mittagessen schnarchend auf unser Sofa gekippt wäre.Die Siebenjährige und ich saßen vormittags einträchtig in der Küche und stießen mit unseren erfolgreich erbeuteten Croissants…

  • Corona-Chronik

    Ein ganzes Jahr

    Heute werde ich ein Jahr alt. Also, ich in meiner Identität als Bloggerin. Wobei mir das Wort Kolumnistin immer noch leichter über die Lippen geht. So jung habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Zum Geburtstag wünsche ich mir, dass alle, die regelmäßig mitlesen, heute mal mir etwas schreiben. Und sei es nur „Jodeldiplom“ oder „Winter is coming“ oder „42“.Ich lasse es mir heute gut gehen. Gleich verlässt der Fünfjährige vorfreudig das Haus. Er ist so glücklich, dass er endlich wieder in den Kindergarten darf, er würde am liebsten sogar Ostern hingehen. Anschließend werde ich mit meinem Wechselunterricht-Homeschooling-Kind zur Tanke flanieren und zur Feier des Tages Croissants kaufen. Auf…

  • Corona-Chronik

    Allein zu Haus

    Das Haus ist seltsam still. Zum ersten Mal seit dem 15. Dezember sind beide Kinder zeitgleich in Betreuung. Ich lausche auf Stimmen, die nicht da sind. Kein Lachen, kein Trampeln, kein wutentbrannter Aufschrei, kein Jaulen und Knuffen, kein „Mama, komm mal ganz schnell!“, kein „Ich verstehe die Aufgabe nicht“, kein „Ich habe Hunger“, kein „Ich bin fertig“, kein Kind, das unvermittelt zwischen Schreibtisch und Computer auftaucht, um sich 10 Minuten auf meinem Schoß vor der Welt zu verstecken. Ich fühle mich befreit und verloren zugleich. Vier Stunden kinderfrei… ich weiß gar nicht mehr, wie das geht. Auf dem Weg in Richtung Kaffee schaue ich misstrauisch unter den großen Schrank in…

  • Corona-Chronik

    Übergang im Stillstand

    Eigentlich hätte er der Große sein sollen und jetzt ist er doch wieder nur der Kleine.Im Kindergarten wäre der Fünfjährige zur Zeit ein Vorschulkind, einer von den Großen mit besonderen Rechten und Pflichten. Er wäre ein Vorbild für die Kleineren, dürfte allein zum Spielen auf das Außengelände und an besonderen Ausflügen für die „Schulis“ teilnehmen: in die Stadtbibliothek, zu Schnuppertagen in die Grundschule, ins Kindertheater. Das alles findet wegen Corona nicht statt.Dieses Jahr wäre für den Fünfjährigen ein wichtiges Jahr gewesen. Ein Jahr des Übergangs vom Kindergartenkind zum Schulkind. Statt dessen ist er seit dem 16. Dezember zu Hause. Im Schatten von zwei Erwachsenen und einer großen Schwester.Zu Hause ist…

  • Corona-Chronik

    Auf den letzten Metern

    Die Tage sind gezählt. Das Guckloch in den Alltag unserer Familie beginnt sich langsam zu schließen. Am 16. März 2020 habe ich den ersten Eintrag veröffentlicht: Unser 1.Klasse-Schulkind maulte heute früh:„Ich will nicht Schule machen, es sind Ferien.“„Das hier sind keine Ferien, das ist Corona. Also, Hefte raus.“Als der Protest anhielt, sagte ich: „Wir spielen jetzt Schule. Du setzt deinen Ranzen auf, gehst zum Bus, wartest fünf Minuten und wenn du wieder kommst, ist hier die Schule und ich bin die Lehrerin“. Das fand sie witzig und wir haben brav Schule gemacht. Der Haken an der Sache war, dass jetzt alle im Dorf erzählen, Familie Eymess würden ihre Kinder trotz…

  • Corona-Chronik,  Winter

    Fast-Nacht

    Wir lassen uns den Spaß nicht verderben. So weit kommt es noch. Feiern wir halt allein zu Hause. Der Winter will ja auch während Corona vertrieben werden. Und zwar mit einem Löwen, einer Prinzessin und einem Popcorn-Dino. Unser Kontaktbeschränkung konformes Gastkind kam als Gentleman, was die Prinzessin haltlos kichern ließ und den Löwen mit seiner gentilen Art zum Glück besänftigte. Der hatte vorher nämlich so viel gefaucht und die Krallen gezeigt, dass wir kurz davor waren, ihn an einen Zoo zu verkaufen. Ich war natürlich mal wieder so damit beschäftigt gewesen, den Löwen zu schminken und der Prinzessin als Zofe zu dienen, dass ich ganz vergessen hatte, mir selbst ein…

  • Corona-Chronik,  unser Garten

    Den Sommer bewahren

    Meine Vorräte neigen sich dem Ende entgegen. Die Kinder haben ihre Vorliebe für Tee entdeckt, seitdem leeren sich meine Schraubgläser rapide. Ihre Lieblingsmischung haben sie selbst zusammengestellt: Pfefferminze, Erdbeerblätter, Rosmarin, Ringelblumenblüten und getrocknete Walderdbeeren. Sie hatten sich durch meinen Trockenschrank geschnuppert, raschelnde Blätter befühlt und natürlich auch nach Schönheit der Blüten entschieden. Der Tee wärmt nicht nur, er fördert auch die Konzentration und zaubert den Sommer auf den Küchentisch. Wir haben eine Teekanne aus Glas, darin sehen die schwimmenden Blüten besonders schön aus. Bisher hatten die Kinder sich allem verweigert, was wärmer als Leitungswasser war. Sie sind Warmblüter, wenn andere Kinder Wolle tragen, hüpfen sie noch im T-Shirt durch die…

  • Corona-Chronik,  Gesellschaft

    Die erdrückende Freiheit

    Soll ich oder soll ich nicht? Soll ich die Siebenjährige bis Mitte Februar von der Schule abmelden oder soll ich sie wechseltägig hinschicken? Die Niedersächsische Landesregierung hat uns Grundschul-Eltern diese Entscheidung überlassen. Unserem Kultusminister Grant H. Tonne zufolge wüssten Eltern am besten, was ihren Kindern guttue. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: bei allen Freiheitseinschränkungen, mit denen wir seit März zu kämpfen haben, auf diese Freiheit hätte ich gern verzichtet. Diese Entscheidungsfindung macht mich einfach nur wahnsinnig müde. Sind wir Eltern alle plötzlich über Nacht zu Hobby-Virologen geworden und können ernsthaft einschätzen, ob der Schulbesuch unserer Kinder fahrlässig oder vertretbar ist?Ob unsere beruflichen oder privaten Gründe für den Schulbesuch schwerer…

  • Corona-Chronik

    Ausschlafen

    8,5 Stunden Schlaf braucht der Mensch. Und nicht 7,5 wie bisher angenommen. Zumindest, wenn man den Forschungsergebnissen verschiedener Schlafstudien glaubt, die das Schlafverhalten ihrer Probanden zwischen April 2019 und 2020 verglichen hatten. Die Probanden hatten ihren Nachtschlaf im Lockdown ohne feste Termine und Zeitdruck nach und nach auf 8,5 Stunden verlängert. War für mich jetzt keine Überraschung. Ich brauche sogar eher 9 Stunden. Dann starte ich wirklich entspannt und glücklich in den Tag. Denn diese luxuriöse neunte Stunde ist für mich die Zeit des erinnerten Träumens, vor allem im Halbschlaf in den späten Morgenstunden sind es wunderbare Träume, die mich warm und wohlig aufwachen lassen. Meistens bekomme ich aber höchstens…